Kunst : Aktivismus
Im 21ten Jahrhundert sind wir nun angekommen bei einem Verständnis von zeitgenössischer Kunst, welches zum Einen viele Prämissen der Moderne, zum Anderen zahlreiche Auslöser und Bedingungen aktivistischer Kunst seit den 1960er Jahren hinter sich lässt: Vieles war schon da, wenige Tabus gibt es noch zu brechen und seit den Nullerjahren schlägt sich dies in einer zunehmenden Anzahl von Publikationen zu politisch ausgerichteten Kunstprojekten nieder. Nicht zuletzt die Street Art wird heute zum Mainstream, denn auch die großen Kunstmagazine berichten über die einstigen "underground KünstlerInnen" in hochglänzenden Features. Bedeutet diese historisierende Herangehensweise auch, dass der Zusammenhang von Kunst mit gesellschaftspolitischem Engagement Geschichte ist? Sind die Anlässe zu komplex und zahlreich geworden, die sozial engagierte Kunst entfachen können? Hat der Kapitalismus sich die Kunst vollends einverleibt?
Die Ausstellung beantwortet die Fragen mit einem Nein und führt acht aktuelle künstlerische Positionen ins Treffen, die den Bogen der Arbeiten im Spannungsfeld von Kunst und Aktivismus aufspannen. Anna Meyers (Schweiz-Österreich) Malerei widmet sich gesellschaftspolitischen Brandherden, bezieht oft den öffentlichen Raum mit ein und assoziiert in der gezeigten Arbeit "future feminism" feministische Kunstgeschichte in Bildtafeln. Für die Ausstellung hat sie auch eine über drei Meter lange Fahne geschaffen, die – wie die verschiedenen Poster und Aufsteller in der Ausstellung – auf die Medien und Mittel von Protestkultur verweisen. Mit Postern und performativen Eingriffen sowie lecture performances arbeiten auch die Guerrilla Girls (USA): Sie werden oft als DIE Vorbilder feministisch-interventionistischer Kunst weltweit gehandelt und haben zwei ihrer legendärer Poster zur Ausstellung beigetragen. Sowohl diese, als auch die Arbeit "Schnee ist das Blut der Geister" des Künstlerinnenkollektivs Raumfaltung (Deutschland) provozieren die Frage, in wie weit künstlerisch aktivistische Positionen, die ursprünglich im öffentlichen Raum angebracht waren, in den Galerieraum transferierbar sind und was dies mit ihnen macht. Übersetzungsprozesse und (sprachliche) Anschlussfähigkeit zwischen Kunstraum und Öffentlichkeit sowie Politik sind auch Thema der von Raumfaltung inszenierten Performance im Rahmen des Eröffnungsrundganges: "Hi, I am a lecture" oder in Mundart "Servas, i bin a Vurtrog" heißt es zu Beginn des Textes, der sich mit "feedback-aktivismus", Resonanz und der Frage "do I really matter/bin i wirklich wichtig" beschäftigt. Jakob Lena Knebl zeigt Fotoarbeiten die im Zuge von Performances bzw. für ein queeres Mahnmal im öffentlichen Raum entstanden sind. Das UNIKUM übt sich in "der Kunst der Nestbeschmutzung" und zeigt eine Sammlung von Arbeiten und Aktivismen seit 1999. Das Duo oellinger/rainer ist mit der Arbeit "superintern" vertreten, welche die Präkarisierung der Generation Praktikum innerhalb der Kunstwelt thematisieren und beleuchten die Ausstellung mit frommen Wünschen entsprechend einer spätkapitalistischen Erfolgsorientiertheit. Angelehnt an die schwarz-weiss Ästhetik des (zweiten) Wiener Aktionismus sind die Fotoarbeiten sowie das Video von Hubert Lobnig, der sich im Projekt "Die Baustelle/The construction site" mit der Situation von Arbeitskräften - meist mit migrantischem Hintergrund, die kurzzeitig und ohne eine Form der Sicherheit, Schwerarbeiten auf Baustellen leisten - auseinandersetzt. Ergänzt werden diese Arbeiten des Künstlers mit Kärntner Wurzeln durch Malerei aus den letzten Jahren, die für ihn ein Bindeglied zwischen den Aktivismen in seinem Leben und seiner Kunst darstellen. Eine Arbeit von Annemarie Arzberger, deren "Affirmationen" das Publikum bereits im Lifthof willkommen heißen, titelt "Nie wieder rechter Walzer". Dies soll hier als aktivistisches Zitat den Abschluss bilden.
Mit dem Eröffnungsrundgang am 23.April wird das Experiment unternommen, die Galerie3 zum Kommunikationsraum über Kunst und Aktivismus zu machen, ohne dabei auf klassisch-hierarchische Formate wie die Podiumsdiskussion oder den Vortrag zurückzugreifen. Mit einen Parkour durch die Ausstellung, bei dem Studierende der Universität Klagenfurt, welche sich im Rahmen einer Lehrveranstaltung mit dem Thema auseinander gesetzt haben, Fragen an die anwesenden Künstlerinnen und Künstler und das Publikum stellen, soll eine weitere Brücke, nämlich zwischen Bildung und politischer Kunst geschlagen werden. Werner Wintersteiner, Professor an der Universität Klagenfurt ist akademischer Aktivist, der gemeinsam mit seinem Team das Zentrum für Friedensstudien und Friedenspädagogik an der AAU aufgebaut und international gut vernetzt hat. So wie Lena Freimüller, Kuratorin der Ausstellung und Dozentin am Friedenszentrum wird auch Wintersteiner in den Dialog mit den RundgangsbesucherInnen eintreten.
DruckversionDas Verhältnis von Kunst zu politischem Engagement ist Thema der Frühjahrsausstellung in der Galerie3 in Klagenfurt: Zum Auftakt am Donnerstag den 23. April lädt sie gemeinsam mit flux23 zu einem Rundgang, bei dem Fragen und Diskussion explizit erwünscht sind und Studierende der Universität Klagenfurt sowie der Leiter des Friedenszentrums an der AAU, Werner Wintersteiner und etliche KünstlerInnen mitmischen. Schwellen zum Kunstraum sollen abgebaut werden und dafür Platz für Austausch entstehen, auch zu Fragen, Provokationen und neuen gesellschaftlichen Selbstbeschreibungen, welche die Kunst anzuregen vermag.
Weltbekannte Kunstaktivistinnen werden gemeinsam mit frischen und etablierten einheimischen Positionen präsentiert: dabei sind Annemarie Arzberger, Guerrilla Girls, Jakob Lena Knebl, Hubert Lobnig, Anna Meyer, Oellinger/Rainer, Raumfaltung und das UNIKUM.
Eröffnungsrundgang am Donnerstag,
23. April 2015, 19 Uhr
Mitwirkende: Lena Freimüller (Kuratorin der Ausstellung), KünstlerInnen, Werner Wintersteiner (Zentrum für Friedensforschung und Friedenspädagogik, Universität Klagenfurt) und Studierende
Wir freuen uns über Ihren Besuch!
Ausstellungsdauer:
24. April bis 23. Mai 2015
Führungen auf Anfrage
Öffnungszeiten:
Mi., Do., Fr.: 10.30 – 12.30 u. 15.00 – 18.00 Uhr
Sa.: 10.00 – 12.00 Uhr.
Wir kooperieren mit den Aktionstagen politische Bildung – unser Programm finden Sie auch unter
» www.politik-lernen.at